Ein bischen Ende im Sachen Staatshaftung?

18.04.2018 15:14

Ein bisschen Ende?

Revisionsurteil in Sachen Staatshaftung

Nun ist es da, dass wenig überraschende Urteil zu möglichen Staatshaftungsansprüchen von Altanschließern gegen die Wasserverbände.
Der Kläger hat in der Revisionsverhandlung kein Recht bekommen, ganz in Gegenteil zu vielen anderen Klägern vor den Landgerichten. In seinem Urteil geht das Oberlandesgericht davon aus, dass eben nicht die Wasserverbände die Schuld an den rechtswidrigen Beitragsbescheiden tragen, sondern der Landesgesetzgeber, sprich der Landtag. Damit wendet sich das Brandenburger Oberlandesgericht komplett gegen die erfolgreichen Verfassungsbeschwerden der Altanschließer. Denn das Bundesverfassungsgericht hatte Ende 2015 festgestellt, dass nicht das Kommunalabgabengesetz verfassungsfeindlich ist, sondern dessen rückwirkende Anwendung. In weiteren Verfahren wurde in Karlsruhe auch deutlich und unmissverständlich ausgeführt, dass jeder Verband zu jeder Zeit sein Handeln auf Gesetzkonformität und vor allem auf die Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz hätte prüfen müssen.
All dies ist im nun vorliegenden Urteil des Oberlandesgerichts Brandenburg in das Gegenteil verkehrt worden.
Das Urteil besitzt aber noch an einer weiteren Stelle eine enorme Sprengkraft.
Das Gericht führt aus, dass eventuelle Schadensersatzansprüche ohnehin nur dann möglich sind, wenn der betroffene Bescheidempfänger alle seine Primärrechtsmittel ausgeschöpft hatte. Das bedeutet, er muss über den Widerspruch, die Anfechtungsklage notfalls bis nach Karlsruhe gehen, um sein Recht zu bekommen.
Sollte das gestrige Urteil des OLG Bestand haben, würde das für die Zukunft bedeuten, jeder Einwohner des Landes Brandenburg müsste rein vorsorglich gegen jeden Bescheid, ob Beitragsbescheid oder Gebührenbescheid Widerspruch einlegen, Klage erheben und notfalls Verfassungsbeschwerde einlegen. Es könnte ja sein, dass das dem Bescheid zu Grunde liegende Gesetz in Brandenburg verfassungswidrig ist oder angewendet wird. Und genau dazu muss ich Ihnen an dieser Stelle auch raten, schon allein um Ihre Rechtsposition für die Zukunft zu schützen.

Aus all diesen Gründen ist es nur folgerichtig, dass nunmehr der Bundesgerichtshof das letzte Wort haben wird.
Schon einmal, nämlich 2015, mussten wir bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen um unsere Rechte durchzusetzen. Hätten wir das damals nicht gemacht, würden wir heute nicht um mögliche Rückerstattungen streiten dürfen. Ich bin mir sicher, wäre das gestrige Urteil zu Gunsten des Klägers ausgegangen, wäre der beklagte Wasserverband auch vor den Bundesgerichtshof gezogen.

Und trotzdem ist die Situation für die Betroffenen kaum noch begreifbar. Das Bescheide verfassungswidrig ergangen sind, steht höchstgerichtlich fest. Nur den Fehler korrigieren, dass wollen offensichtlich nicht alle Verbände. Es gibt zwar einen Teil der betroffenen Verbände, die freiwillig eine einvernehmliche Lösung zwischen Beitragszahlern und Nichtbeitragszahlern gefunden haben, es gibt aber eben auch die Hardliner, die so gar nicht auf die Betroffenen eingehen wollen. Dieses Verhalten ist kurzsichtig und sogar fahrlässig. Denn spätestens, wenn zeitnah die Sanierungen der Anlagen anstehen werden, müssen die Probleme und Rechtsmangel der Vergangenheit gelöst sein.
Und, im nächsten Jahr sind Kommunalwahlen. Das Thema der verfassungswidrigen Beitragsbescheidungen wird dabei ein erstzunehmender Punkt sein. Denn letztlich könnten auch die politischen Akteure vor Ort eine Lösung der Altanschließerproblematik veranlassen und herbeiführen. Und wem das noch zu wenig ist, der hat im September 2019 die Möglichkeit über die Zusammensetzung des neuen Brandenburger Landtages abzustimmen. Es wird wohl Zeit, dass aus unseren Reihen, aus den Reihen der betroffenen Beitragszahler, unsere Vertreter in die Kommunalparlamente und den Landtag kommen, um letztlich unsere Interessen zu vertreten.

Was soll man den Betroffenen nach dem gestrigen Urteil raten?

Zu aller erst gilt es sich nicht verunsichern zu lassen. Bevor der Bundesgerichtshof keine Entscheidung getroffen hat, ist noch nicht das Ende der sprichwörtlichen Fahnenstange erreicht! Es gilt einmal mehr, wie 2015, unsere Interessen und unser Recht in Karlsruhe durchzusetzen.
Der verhandelte Fall am Oberlandesgericht ist eine recht spezielle Konstellation, die nicht ohne weiteres auf die vielen zehntausenden Beitragsbetroffenen anwendbar ist.
Immerhin gab und gibt es eine ganze Latte erfolgreicher Klagen vor den Landesgerichten. Es gibt bisher einzig und allein ein gegenteiliges Urteil des LG Potsdam.
Achten Sie bitte darauf, dass entweder die Beitragsbescheide nicht bestandskräftig werden, beziehungsweise das Sie mit Ihren Aufhebungsanträgen nicht zur Klage gezwungen werden.
Viel einfacher, kostengünstiger und vor allem bürgerdienlicher ist es aber, wenn sich die Verbandsversammlungen der Verbände zu einer gemeinschaftlichen Lösung verständigen können. In dieser Verbandsversammlung sitzen die Vertreter der Mitgliedsgemeinden, also nahezu ausschließlich die von der Bürgerschaft gewählte Vertreter.
Reden Sie mit Ihren Abgeordneten, mit dem Hauptverwaltungsbeamten.

Wenig Hoffnung setze ich auf ein Signal aus Potsdam. Die Regierungskoalition wird, wie bisher, jegliche Verantwortung ablehnen. Es klag ja bereits aus der Fraktion „Die Linke“ an, dass es ja schon ein Kreditprogramm als „Hilfe“ gibt. Vielleicht sollte man dem innenpolitischen Sprecher der Fraktion, Hans Jürgen Scharfenberg einmal mitteilen, dass es in der Natur eines Kredites liegt, dass dieser durch den Kreditnehmer (dem Wasserverband) auch zurückzuzahlen wäre. Und wer ist wohl der Kunde des Wasserverbandes? Für die Betroffenen der verfassungswidrigen Beitragsbescheidung würde das nur „rechte Tasche in linke Tasche“ bedeuten.
Wünschen würde ich uns allen, dass wir eine klare Aussage der Landesregierung bekommen, sollte der Bundesgerichtshof zu Gunsten der Betroffenen urteilen, dass dann auch eine kompromisslose und vollständige Erstattung der Beiträge passieren wird. Soviel politische Verantwortung erwarte ich von einem Volksvertreter. Denn nicht zu vergessen, 2019 wird aus dem „Zahlvolk“ Wahlvolk!

Das Urteil:
https://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal/t/qvk/bs/10/page/sammlung.psml?doc.hl=1&doc.id=KORE210562018&documentnumber=1&numberofresults=11711&doctyp=juris-r&showdoccase=1&doc.part=L&paramfromHL=true#focuspoint

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